Barwert berechnen – Grundlagen und Beispiele 

Der Barwert ist eine wichtige Größe, um Investitionen abzuwägen. Nicht nur gibt er Aufschluss darüber, wie viel ein zukünftiger Geldbetrag heute wert ist. Mit seinem Gegenstück, dem Endwert, funktioniert die gleiche Rechnung auch andersrum. Du kannst also sehen, wie viel Profit eine Investition voraussichtlich in der Zukunft abwirft. Das ist für Aktiengeschäfte ebenso wichtig wie beim Kauf von Immobilien. Gleichzeitig lassen sich mit dem Barwert die Kosten für einen Hauskredit kalkulieren – genug Gründe also, diese Rechnung und ihre Einsatzgebiete im Detail zu kennen.

Was ist der Barwert? Definition

Der Begriff Barwert stammt aus der Finanzmathematik und bezeichnet das Ergebnis einer Abzinsung. Im Zentrum steht also die Frage: Wie viel ist eine zukünftige Geldsumme bzw. ein zukünftiger Zahlungsstrom heute wert? 

Weitere Bezeichnungen für den Barwert sind Gegenwartswert, Kapitalwert und Present Value.

Grundlage: Der Zeitwert des Geldes

Jeder Geldbetrag hat einen bestimmten Wert. Das verrät beispielsweise die Zahl auf dem Geldschein. Doch dieser Wert ist nicht statisch, sondern verändert sich. Nicht umsonst lautet ein Prinzip der BWL, dass Geldwerte nur zum selben Zeitpunkt verglichen werden können. 

Doch warum ist das so? 

Nehmen wir an, du erhältst im Jahr 2023 von einem Freund 100 Euro. Diese 100 Euro kannst du nun anlegen. Bei einem Zinssatz von 5 % hättest du nach einem Jahr schon 105 Euro angesammelt – und diese 5 Euro wären dir durch die Lappen gegangen, wenn du die 100 Euro erst im Jahr 2024 bekommen hättest. 

Damit wären wir beim zweiten Grundsatz: Geld, das du jetzt erhältst, ist mehr wert als Geld, das du später erhältst – eben, weil du es für dich arbeiten lassen kannst. 

Barwert und Endwert – zwei Seiten einer Medaille

Stell dir vor, jemand bietet dir eine von zwei Möglichkeiten an: Entweder du erhältst heute 10 Euro oder in 5 Jahren 20 Euro. 

Um dir bei der Entscheidung zu helfen, gibt es zwei Optionen:

  • Entweder du ermittelst, welchen Wert die zukünftigen 20 Euro heute haben. Das beschreibt den sog. Barwert oder Gegenwartswert. Die 20 Euro werden abgezinst.
  • Oder du nimmst als Ausgangspunkt die 10 Euro, die du heute erhalten würdest, und berechnest deren Wert in 5 Jahren. Man spricht hier auch vom Endwert: dem Ergebnis einer Aufzinsung.

Beide Rechnungen sind – bis auf ein Vorzeichen – gleich. 

Wie berechnet man den Barwert?

Die Formel zur Berechnung des Barwerts lautet:

Barwert = zukünftige Zahlung / Diskontierungsfaktor

Diskontierungsfaktor

Der Diskontierungsfaktor wird auch Abzinsungsfaktor genannt und trägt folgender Tatsache Rechnung: Je früher ein Geldbetrag gezahlt wird, desto höher ist sein Wert. Das heißt, später gezahlte Beträge müssen um einen Zinssatz gemindert werden, der zwischen 1 (100 %) und 0 (0 %) schwankt und sich am aktuellen Marktzins orientiert. Berücksichtigt wird außerdem die Anzahl der Jahre, nach denen die Zahlung erfolgt.

Die Formel lautet:

Diskontierungsfaktor = (1 + Zinssatz)Jahre

Nun können wir mit dem Diskontierungsfaktor den Barwert ermitteln:

Barwert = zukünftiger Wert / (1 + Zinssatz)Jahre

Beispiel für die Berechnung des Barwerts

Betrachten wir folgendes Szenario: Dein Ziel ist es, einen Geldbetrag anzulegen, der in 10 Jahren 400.000 Euro wert ist. Dafür musst du lediglich den Zinssatz kennen – z. B. 3 %. Nun kannst du mithilfe der obigen Formel rechnen:

400.000 / (1 + 0,03)10 = 297.619

Du müsstest also einen Geldbetrag im Wert von 297.619 Euro anlegen, um in 10 Jahren 400.000 Euro zu bekommen. 

Wie berechnet man den Endwert?

Als Endwert bezeichnet man das Gegenstück zum Barwert. Der Unterschied: Statt von der zukünftigen auf die gegenwärtige Zahlung zu schließen, funktioniert die Rechnung andersherum. 

Endwert = aktueller Wert x (1 + Zinssatz)Jahre

Beispiel für die Berechnung des Endwerts

Nehmen wir an, du investierst im Jahr 2023 einen Betrag von 50.000 Euro zu einem Zinssatz von 5 %. Nun möchtest du wissen, wie viel dieser Betrag in 3 Jahren wert ist.

Dafür gibst du die Werte folgendermaßen in die gerade genannte Formel ein:

Endwert = 50.000 x (1 + 0,05)3

Nach 3 Jahren hättest du also 57.881 Euro erwirtschaftet.

Für alle, die ein Haus kaufen möchten, gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, den Endwert zu berechnen: Immobilienkredite. Wenn der Zinssatz bekannt ist, kannst du ermitteln, wie viel Geld du nach Ende der Laufzeit zurückzahlen musst. 

Barwert/Endwert zum Vergleich von Investitionen

Nehmen wir an, du hast die Wahl zwischen zwei Optionen:

  • Aufgrund steigender Immobilienpreise kaufst du ein Haus für 300.000 Euro. Du rechnest damit, es nach 2 Jahren für 320.000 Euro weiter verkaufen zu können.
  • Gleichzeitig erhältst du ein Angebot, die 300.000 Euro für 2 Jahre zu 5 % Zinsen anzulegen.

Um dir bei der Entscheidung zu helfen, kommt wieder die Barwert- bzw. die Endwertmethode zum Einsatz. 

Endwert = 300.000 x (1 + 0,05)2

Das Ergebnis ist 330.750 Euro. Du wärst in diesem Fall also besser beraten, das zweite Angebot zu wählen und die 300.000 Euro anzulegen. 

Barwert/Endwert berechnen bei mehreren Zahlungen

Bisher sind wir davon ausgegangen, dass deine Investition zu EINEM Zeitpunkt in der Zukunft Gewinn abwirft – beispielsweise, wenn du ein Haus verkaufst. 

Es gibt jedoch noch eine andere Möglichkeit: Du könntest deine Immobilie beispielsweise vermieten und das so eingenommene Geld für einen bestimmten Zinssatz anlegen. 

Ein Beispiel: Du kaufst eine Immobilie für 250.000 Euro. Im ersten Jahr rechnest du mit 20.000 Euro Mieteinnahmen (nach Ausgaben), im zweiten Jahr mit 25.000 Euro und im dritten Jahr mit 30.000 Euro. Diese Einnahmen werden mit 5 % verzinst. Um nun zu ermitteln, wie viel Geld du nach 3 Jahren verdient hast, musst du mit Zahlungsreihen rechnen.

Am einfachsten geht das tabellarisch:

1. Jahr2. Jahr3. Jahr
Mieteinnahmen20.00025.00030.000
Diskontierungsfaktor(1 + 0,05)1(1 + 0,05)21 + 0,05)
Barwert19.047 Euro22.675 Euro25.929 Euro

Nun werden alle 3 Barwerte addiert, was 67.651 Euro entspricht. 

Der Nettobarwert oder Kapitalwert (67.651 – 350.000) ist negativ. Das heißt, du hast die anfängliche Investition trotz der Zinsen noch nicht durch Mieteinnahmen hereingeholt. 

Warum sind Barwert und Endwert so wichtig?

Es gibt einen guten Grund, warum Barwert und Endwert in der Finanzmathematik eine so große Rolle spielen. Dieser ist psychologischer Natur:

Wer Geld anlegt – sei es in Aktien, Staatsanleihen oder Immobilien – erhält nicht nur auf den anfangs investierten Betrag Zinsen. Stattdessen kommt der sog. Zinseszins dazu. Das heißt: Die Zinserträge werden jedes Jahr mitverzinst. 

Nehmen wir z. B. an, du investierst 10.000 Euro zu einem Zinssatz von 4 % für 10 Jahre. 

Nach einem Jahr hat sich die Anfangssumme durch Zinsen auf 10.400 Euro erhöht, und diese 10.400 Euro werden nun wieder mit 4 % verzinst. Die Entwicklung läuft also folgendermaßen ab:

  • Geldbetrag nach 2 Jahren: 10.816 Euro
  • Geldbetrag nach 3 Jahren: 11.248 Euro
  • Geldbetrag nach 4 Jahren: 11.698 Euro
  • Geldbetrag nach 5 Jahren: 12.166 Euro

  • Geldbetrag nach 9 Jahren: 14.233 Euro
  • Geldbetrag nach 10 Jahren: 14.802 Euro

Betrachten wir nun die anfangs investierte Summe über die Jahre:

Im ersten Jahr hat sie sich um 400 Euro erhöht – im 2. Jahr um 416 Euro, im 3. Jahr um 432 Euro und im 10. Jahr schon um ganze 569 Euro. 

Dieses exponentielle Wachstum wird gerne unterschätzt, da wir Menschen zu linearem Denken tendieren. Oder anders gesagt: Wir würden rein intuitiv erwarten, dass die Anfangssumme jedes Jahr nur um 400 Euro wächst. Exponential Growth Bias nennen Wissenschaftler diesen Effekt. 

Auf der anderen Seite können Barwert bzw. Endwert dabei helfen, die Entwicklung von Geldbeträgen realistischer einzuschätzen und finanzielle Fehlentscheidungen zu vermeiden – sei es bei Investitionen oder bei der Bewertung von Krediten. 

Max Karänke

Ich bin Sachverständiger für Immobilienbewertung und über 15 Jahre in der Immobilienbranche tätig. Meine Gutachten schreibe ich für Gerichte, Unternehmen, Kommunen und Privatpersonen. Auf meinem Blog erkläre ich Immobilienthemen leicht verständlich.