Wohnhäuser statt Gotteshäuser

Macht, Geld, Immobilien - wie wäre es zur Abwechslung mit Nächstenliebe?

Die katholische Kirche – eine Institution, die damals wie heute mit unserer Gesellschaft verknüpft ist.

Mit dem Wandel der Zeit hat sich das Stimmungsbild jedoch deutlich geändert – nicht zuletzt durch den verschärft kritischen Blick hinter die Kulissen.

Zurecht – denn neben den zahlreichen Missbrauchsfällen, der Diskriminierung von LGBTQIA+ und Frauen sowie festgefahrenen Strukturen gibt es noch weitere problematische Aspekte.

Die Kirche hat nicht nur enorm viel Macht und Geld, sondern verbraucht auch große Flächen in den Städten. 

Ca. 174.728 m² Grundfläche allein in Köln.

Was die einen zu viel haben, haben die anderen zu wenig: In der Bevölkerung herrscht dagegen große Wohnungsnot.

Was wäre also, wenn…

…die katholische Kirche etwas von ihrem Platz an Mitmenschen abgeben würde?

In Kürze:

Dieses Gedankenspiel wurde von mir am Beispiel von der Stadt Köln detailliert berechnet und ausgewertet. Hier schon mal eine kurze Zusammenfassung meiner Erkenntnisse, bevor es ins Detail geht: 

  • In Köln sind ca. 174.728 m² Grundfläche von der katholischen Kirche überbaut.
  • Aufgeteilt ist diese Fläche auf 160 Kirchen, die im Besitz der katholischen Kirche sind.
  • Wirklich benötigt werden allerdings nur 8.736 m² bis 17.473 m² (5% – 10% Gottesdienstbesuchende).
  • In Deutschland gibt es insgesamt 24.000 katholische Kirchen, dagegen fehlen 1.500.000 Wohnungen.
  • ca. 4,17% der Katholiken gehen in den Gottesdienst.
  • Die Zahl der Austritte steigt weiter – Prognose für Köln 2022: 20.000.
  • Der Stadtteil Mülheim hat mit 22 Kirchen die höchste Anzahl innerhalb von Köln.
  • Zwischen 4.656 und 8.190 neue Wohnungen (je nach Bauweise) könnten auf der kirchlichen Fläche entstehen (und die Kirche hätte trotzdem noch genügend Raum für sich).
  • Alternativ würde Platz für 8.846 bis 15.562 Menschen entstehen.

Was bei der katholischen Kirche oftmals fehlt, soll hier geschaffen werden: Transparenz.

Deswegen findest du im folgenden Abschnitt alle Hintergründe zu den errechneten Zahlen sowie nützliches Wissen zum Thema Wohnungsbau.

Unter der Lupe: Kirche, Wohnungsbau & Gesellschaft

Die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnraum stellt ein zunehmendes gesellschaftliches Problem dar. Die Mietpreise explodieren – und das schon seit Jahren.

Die deutsche Bundesregierung hat sich deswegen zum Ziel gesetzt, pro Jahr 400.000 neue Wohnungen zu ermöglichen, um dem Problem entgegenzuwirken. 

Ein guter Plan…aber wie sieht die Realität aus?

Das Ziel der Bundesregierung rückt immer weiter in die Ferne

  • Im Jahr 2021 wurden statt den 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr gerade einmal 293.393 erreicht. Das sind 106.607 Wohnungen weniger (vgl. Destatis 2022). 

Schaut man in das Jahr 2020, sind dort immerhin 306.376 Wohnungen entstanden. Heißt aber auch, dass es sich um 4,2% verschlechtert hat.

Aber das ist noch nicht alles:

  • Insgesamt fehlen laut Berechnungen in Deutschland nämlich rund 1,5 Millionen Wohnungen (vgl. Hartmann 2021).
  • Im Jahr 2021 wurden statt den 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr gerade einmal 293.393 erreicht. Das sind 106.607 Wohnungen weniger (vgl. Destatis 2022). 

 

Auf einen Schlag alle 24.000 Kirchen unter die Lupe zu nehmen, wäre ziemlich unübersichtlich. 

Aus diesem Grund habe ich die Analyse auf die Großstadt eingegrenzt, die medial häufig im Kontext zur katholischen Kirche genannt wird:

Köln.

Köln ist nicht nur Hotspot der Diskussionen rund um die katholische Kirche, sondern auch eine Metropole, die besonders unter der Wohnungsknappheit leidet.

Die Zahlen der städtischen Wohnungsbaustatistik zeigen das Problem:

2021 wurden zwar 3.300 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt, fertiggestellt waren in dem Jahr allerdings nur 2.520 Wohnungen (vgl. Stadt Köln 2022). 

Das liegt weit unter dem Ziel der Stadt von 4.000-6.000 Wohnungen pro Jahr (vgl. Stadt Köln 2022) – gerade einmal 42% oder 63%, je nach Ziel.

Gleichzeitig vergrößert sich der Bauüberhang immer weiter. 

Er beläuft sich im Jahr 2022 auf rund 9.400 Wohnungen, ein deutlicher Anstieg zu den letzten Jahren, wie sich in dieser Statistik zeigt:

Was unerfreulicherweise ebenfalls von Jahr zu Jahr ansteigt, sind die Mietpreise:

Diese Umstände spiegeln sich in der Meinung der Kölner Einwohnerinnen und Einwohner wider.

Kölner Bevölkerung ist unzufrieden

Bei einer Umfrage, wie sie das Wohnungsangebot in Köln bewerten, antworteten 55% der Befragten mit „sehr schlecht“ (vgl. Stadt Köln 2018: 14). Lediglich 11% bewerteten das Angebot positiv.

Die Kategorie Wohnen hat sogar von allen abgefragten Kategorien den höchsten „sehr schlecht“ Wert, was verdeutlicht, wie drängend die Problematik ist.

Bei den vielen Zahlen und Statistiken wird allerdings schnell das Wichtigste vergessen – nämlich, dass Individuen und ihre Schicksale dahinterstehen.

Erst ein Blick in die Lebensrealität betroffener Menschen zeigt, was die Zahlen tatsächlich bedeuten. 

Das folgende Zitat stammt von einer Frau, die mit ihrer Familie keine bezahlbare Wohnung mehr in Köln gefunden hat und schweren Herzens wegziehen musste:

Was mich daran wütend macht, ist, dass es nicht nur uns betrifft, dass es eine riesige Gruppe von Leuten betrifft. Dass Innenstädte dann irgendwann unbewohnbar werden für Leute mit einem normalen Einkommen. Dass es einfach so einem Markt frei überlassen wird und dass solche wirtschaftlichen Interessen und solche Wertschöpfungen so über dem Wohl von Menschen stehen.“ 

(Minute 40:30, WDR Doku 2021)

Daran anschließend resümiert sie sehr treffend:

(Minute 41:27)

Knappes Bauland ist ein zentrales Problem in Großstädten

Im Allgemeinen spiegeln Preisänderungen das Verhältnis von Angebot und Nachfrage wider. Das Angebot auf dem deutschen Immobilienmarkt ist vergleichsweise starr, während die Nachfrage, vor allem in den Großstädten, seit Jahren enorm steigt. 

Städte sind Arbeitgeber für viele Menschen und sie locken mit einer besseren Infrastruktur als sie auf dem Land vorhanden ist. Aber eine Stadt ist logischerweise in ihrem Platz begrenzt.

Insbesondere in Ballungsgebieten stellt knappes Bauland eine der zentralen Ursachen für das unzureichende Wohnungsangebot dar (vgl. Thomsen et al. 2020). Das ist ein Problem, was sich leider nicht so einfach lösen lässt, denn neues Bauland lässt sich nicht so einfach herzaubern. 

Was schon bebaut ist, ist weg vom Fenster der Möglichkeiten.

Das ist der Stichpunkt, um den Fokus zurück auf die katholische Kirche zu lenken, die eben sehr viel Fläche in Ballungszentren, wozu auch Köln zählt, belegt. 

Wenn man einen großen Teil dieser bisher kirchlich genutzten Fläche zu Wohnraum umbauen könnte, bräuchte man de facto gar kein neues Bauland und könnte das Problem geschickt umgehen.

Um das Gedankenexperiment realistisch durchzuführen, habe ich die Grundfläche aller katholisch genutzten Kirchen in Köln gemessen und anhand dieser Werte Berechnungen durchgeführt, die ich im folgenden Abschnitt detailliert aufschlüsseln werde.

Warum eigentlich die katholischen Kirchen und nicht die evangelischen? 

Das hat einen ganz simplen Grund: In Köln gibt es laut dem Statistischen Jahrbuch 2020 (Stadt Köln 2021: 9) nur 60 evangelische Kirchen (eventuell aktuell noch weniger).

Die katholischen Kirchen nehmen also eine größere Fläche ein und eignen sich besser für das Rechenbeispiel. Beide zusammen wären hingegen für ein übersichtliches Beispiel zu komplex, da hier bei mehreren Faktoren differenziert werden müsste.



Gottes Reich auf Erden und seine Berechnung

Zunächst eine kleine Bemerkung:

Es geht nicht darum, die katholische Kirche komplett aus Köln zu verdrängen. Gläubige Menschen sollen auch weiterhin einen Ort der Zusammenkunft haben.

Es geht vielmehr um den übermäßigen Platz, der heutzutage nicht mehr benötigt wird. Die katholische Kirche kann weiterhin bestehen, nur eben mit einem reduzierten Platzanteil, um für eine Verbesserung der Lebensumstände von anderen zu sorgen.

Eigentlich sollte das ja auch ganz im Sinne der Kirche sein, die sich das Wohl der Menschen auf die Fahne geschrieben hat und mit Sprüchen wie „Nächstenliebe statt Egoismus“ (Steiger 2022) kokettiert.

Keine Frage, Nächstenliebe statt Egoismus ist ein löblicher Gedanke – noch löblicher wäre es allerdings, wenn die Kirche auch praktisch bei sich anfängt und ihr Handeln danach ausrichtet.

Nun muss man natürlich bedenken, dass die Führungsriege der katholischen Kirche gerade all ihre Energie für die Verteidigung ihrer selbst braucht und daher wohl kaum die Wohnungsproblematik im Blick hat. 

Von daher habe ich mich der Aufgabe angenommen.

Großer Platzverbrauch durch die katholische Kirche

Um die Situation besser einschätzen zu können, ist es zunächst sinnvoll, ein paar Kerndaten zur katholischen Kirche in Köln zusammenzutragen:

Eines wird deutlich: 

Eine Verkleinerung der Kirchenfläche wäre ein mit dem Trend gehen, wenn man die Zahl der Austritte allein im ersten Halbjahr diesen Jahres betrachtet. Der Jahreswert von Austritten für das Jahr 2022 wird übrigens auf ca. 20.000 geschätzt (vgl. Frank 2022).

Hinzu kommen die anderen Aspekte:

In Köln leben rund 1.088.040 Menschen (Stadt Köln 2021: 9), von denen 333.100 katholisch sind (Stand Dezember 2021, Erzbistum Köln). Das sind 30,61%.

Zudem existieren 160 sich in katholischer Hand befindende Kirchen, die insgesamt ca. 174.728 m² überbaute Fläche verzeichnen. 

Kleine Info am Rande

Im statistischen Jahrbuch der Stadt Köln sind 162 Kirchen angegeben, allerdings stammt die Zahl aus dem Jahr 2020 und bezieht vermutlich auch Alt. St. Alban mit ein. Das ist zwar eine ursprünglich katholische Kirche, allerdings eine Ruine, die nicht als Gottesdienststätte genutzt wird. Zudem werden immer wieder Kirchen profaniert (entweiht). So waren 2019 noch 164 katholische Kirchen im Statistischen Jahrbuch verzeichnet. Für die Berechnung habe ich lediglich die Kirchen gezählt, die aktuell (Stand Oktober 2022) noch in katholischer Hand sind.

Allerdings geht nur ein kleiner Teil der amtlich erfassten Katholiken auch wirklich in die Kirche. 

Von 21,6 Mio. Katholiken in Deutschland gehen im Jahr 2021 nur 0,9 Mio. zu den Gottesdiensten (vgl. DBK 2022). Das ist eine Rate von 4,17 %. Man kann von einer ähnlichen Rate in Köln ausgehen. Diese Zahl wird (aufgerundet auf 5%) für eine optimistische Berechnung verwendet.

Um aber auch die Menschen ins Boot zu holen, die diese Zahl kritisch sehen, gibt es eine zusätzliche konservative Berechnung mit 10%. So wäre gewährleistet, dass wirklich jeder, der ein Haus Gottes besuchen möchte, auch einen Platz dort hat.

Ein neues Zuhause für tausende Menschen

Lassen wir also zunächst 10% der von katholischen Kirchen überbauten Fläche stehen.

Dann bleiben immer noch stolze 157.255 m² an überbauter Grundfläche, die nicht benötigt werden.

Die Berechnung wird um einen zusätzlichen Aspekt ergänzt: 

So ist es in Köln nicht unüblich, drei- bis fünfgeschossig zu bauen (vgl. Gutachterausschuss Köln 2021), was deutlich mehr Wohnraum ermöglicht.

Man nehme also die überbaute Grundfläche mal drei für eine dreigeschossige Bauweise, um zu einer Bruttogrundfläche von ca. 471.765 m² zu gelangen. Von dieser Zahl werden allerdings noch 25% abgezogen, damit man zu der „echten“ Wohnfläche kommt. Diese beträgt damit ca. 353.824 m²

Besonders spannend ist, was das für den Wohnungsmarkt bedeuten würde.

In Köln liegt die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf bei 39,59 m² (gerundet also 40 m²) (vgl. Stadt Köln 2021: 162). 

Die durchschnittliche Wohnungsgröße liegt in Köln bei 76,26 m² (vgl. ebd.: 151). 

Im Vergleich: 

In Deutschland liegt die durchschnittliche Wohnfläche bei 47,7 m² und die Wohnungsgröße bei 92 m² (vgl. Umweltbundesamt 2020). 

Wenn man das in die Berechnung miteinbezieht, würde das rund 4.656 neue Wohnungen oder Wohnraum für 8.846 Menschen ermöglichen.

Zusammengefasst:



Zusammengefasst:

Jetzt das gleiche Spiel mit der optimistischeren Herangehensweise.

 

Ein neues Zuhause für zehntausende Menschen

Jetzt das gleiche Spiel mit der optimistischeren Herangehensweise.

Ein neues Zuhause für zehntausende Menschen

Nimmt man den Wert von 5% Gottesdienstbesuchenden, werden ganze 165.992 m² Kirchenfläche nicht benötigt.

Verwendet man dazu eine fünfgeschossige Bauweise, ergibt das einen Flächenwert von ca. 829.960 m². Nach Abzug von den 25% bleiben dann noch ca. 622.470 m² übrig.

Umgerechnet in Wohnungen und Wohnfläche bedeutet das:

Die Möglichkeit von 8.190 neuen Wohnungen oder Wohnraum für bis zu 15.562 Menschen.

Auch an dieser Stelle eine kleine Zusammenfassung:

Es wäre also ein guter Schritt, um der Wohnungsnot entgegenzuwirken.

Allerdings muss beachtet werden, dass die katholischen Kirchen in Köln nicht gleichmäßig auf jeden Stadtteil verteilt sind, wie sich der folgenden Statistik entnehmen lässt:

Deswegen habe ich den Stadtteil mit der höchsten Kirchenanzahl herausgepickt und für diesen ganz konkret ausgerechnet, was eine solche Veränderung bedeuten würde: 

Köln-Mülheim.

Mülheim hat 22 katholisch genutzte Kirchen, die eine überbaute Fläche von 24.994 m² ausmachen. 

Nehmen wir hier die konservative Prozentzahl von 10% Gottesdienstbesuchenden und einen Mittelwert von vier Geschossen beim Bau. So bleibt eine Fläche von ca. 89.980 m², von der wiederum 25% abgezogen werden, also finale 67.485 m² Wohnfläche.

Das wären 888 Wohnungen oder Platz für 1.687 Menschen.

Der Übersichtlichkeit halber auch hier eine Grafik dazu:

Wie schwer ist der Weg zur Umnutzung einer Kirche? 

Es ist nicht einfach aber durchaus machbar. Woran liegt das?

Zum einen an den Anforderungen, die von Seiten der Kirche gestellt werden: Die neue Nutzung soll “dem Charakter des Gebäudes” nicht widersprechen, heißt z.B.: keine anderen Religionen, keine Clubs. Letztlich muss jeder einzelne Schritt vom Kirchenvorstand abgesegnet werden (vgl. Bobka 2009).

Hinzu kommen Faktoren wie der nur schwer ermittelbare Wert, da es keine Anbindung an den normalen Immobilienmarkt gibt, keine Erträge oder Verkehrswerte, die zur Berechnung herangezogen werden können.

Außerdem müssen drei rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden (vgl. Netsch 2018: 19): 

Bauplanungsrechtlich zählt das Grundstück mit Kirche zu der Gemeinbedarfsfläche – diese ist im Baugesetzbuch geregelt (§5 Abs.2 Nr.2a und §9 Abs.1 Nr.5) und dient dem Zweck, der Allgemeinheit zu dienen.

Bauordnungsrechtlich werden Kirchen allerdings als Sonderbauten eingestuft, die auch bei der Stellplatzverordnung Sonderrechte haben.

Denkmalschutzrechtlich kommt es ein wenig auf das Bundesland an, da jedes sein eigenes Denkmalschutzgesetz hat. In den meisten Fällen kommen hierdurch weitere Sonderregelungen hinzu, die sich auf die Gestaltung beziehen.

Hier muss allerdings angemerkt werden, dass von staatlicher Seite sogar oft gewünscht ist, dass das Gebäude weiterhin genutzt wird, da es nur durch langfristige Nutzung erhalten bleiben kann (vgl. Sirtl 2018).

Zusammengefasst:

“Die Vermarktung einer Kirchenimmobilie gestaltet sich daher in der Praxis als langer und aufwändiger Weg, der viel Geduld und Standfestigkeit im Kompetenzgewirr zwischen Kirchengemeinde, kircheninternen Aufsichts- und Genehmigungsstellen und staatlichen Behörden erfordert.” (Thomas Bayerle in Bobka 2009)

Aber trotzdem ist es möglich und läuft dann nach dem folgenden Schema ab: 

Zunächst wird das sakrale Gebäude von der Kirche entweiht/profaniert:

Wenn dann auch andere Akteure mit ins Spiel kommen, geht es um die Frage, wie sich die Umwidmung gestaltet: soll das Gebäude baulich verändert werden oder wird es in Zukunft nur anders genutzt?

Logischerweise ist die erste Option mit mehr Aufwand verbunden, da die vorher angesprochenen rechtlichen Hintergründe beachtet werden müssen.

Hinzu kommt, dass die Kirchen natürlich die Option bevorzugen, in der das Gebäude weitestgehend ursprünglich erhalten bleibt. 

Beliebt sind deshalb vor allem soziale Projekte wie Kindertagesstätten, Gemeindezentren, Seniorenwohnen, etc. (vgl. Netsch 2018: 28).

Manchmal reichen aber kleine Veränderungen nicht und die bauliche Struktur muss umgestaltet werden. Hier müssen viele Gespräche und Diskussionen mit den beteiligten Akteuren (z.B. Kirchenvorstand und -mitglieder, Architekten, Kommunalverwaltung, eventuelle Bewerber) geführt werden.

Dabei müssen folgende Faktoren miteinbezogen werden (vgl. ebd.: 44):

  • baulicher und technischer Zustand der Gebäudesubstanz
  • muss die Gebäudeform der Funktion folgen oder soll sich die Funktion in das Gebäude einfügen?
  • besteht Denkmalschutz und welcher historische Wert ist gegeben?
  • Zeitphasen der ehemaligen Erbauung
  • Handlungsleitfäden der Kirchenvorstände

 

Mögliche zukünftige Handlungen können folgende Aspekte umfassen (vgl. ebd.: 47ff.):

  • Anpassung 
  • Umbau
  • Erweiterung
  • Unterhalt
  • Modernisierung
  • Renovierung

 

Mögliche neue Nutzungsarten sind (vgl. ebd. 64):

  • soziale Nutzungen
  • kulturelle Nutzungen
  • gewerbliche Nutzungen
  • Sonderfall Wohnnutzungen
  • religiöse, spirituelle Nutzungen
  • gemischte Nutzungen 

 

Steht die Umnutzung dann konkret im Raum, kann das Wertermittlungsverfahren genutzt werden, orientiert “an der künftigen privatwirtschaftlichen Nutzung, häufig jedoch mit hohen Umstrukturierungskosten, die in der Regel höhere Bewirtschaftungskosten und die möglicherweise verminderte Ertragssituation zu Beginn der Nutzung zur Folge haben.” (Sirtl 2018)

Auch das Sachwertverfahren kann in einigen Fällen herangezogen werden, letztlich kommt es natürlich auf den individuellen Fall an.

Fazit: Der Weg ist schwierig und langwierig, aber eben nicht unmöglich, wie einige Beispiele zeigen.

In der folgenden, interaktiven Karte findest du einige von ihnen mit einer kurzen Beschreibung und dem Link zum jeweiligen Projekt:

Es lassen sich also durchaus tolle Projekte verwirklichen und dafür muss eine Kirche nicht einmal zwingend abgerissen werden.

Manche denken sich an dieser Stelle wohl „schöne Gedankenspielerei, aber ist das auch nur im Geringsten realistisch?“. 

Durchaus. 

Keine vollständige Lösung, aber ein Fortschritt

Betrachtet man die errechneten Zahlen, muss man zurecht festhalten: es löst das Problem der Wohnungsnot nicht komplett.

Aber: 

Es wäre ein Fortschritt, der das Problem des fehlenden Baulands umgeht.

Da die Kirchen meist zentral stehen, handelt es sich sogar um ideale Lagen zum Wohnen.

Außerdem stehen hinter den statistischen Zahlen letztlich Individuen mit ihren Schicksalen, wie schon zu Beginn erwähnt. Jede ermöglichte Wohnung kann das Leben einer oder mehrerer dieser Personen zum Positiven verändern.

Bei 8.846 oder 15.562 Menschen, allein in einer Stadt, wären das schon ganz schön viele positive Veränderungen. 

Wird die Problematik zusätzlich noch auf anderem Wege angegangen, könnte wirklicher Fortschritt erreicht werden. 

So lautet die Antwort auf die Frage „Was wäre, wenn die katholische Kirche etwas von ihrem Platz an Mitmenschen abgeben würde?“.

Nicht „Nächstenliebe statt Egoismus“ predigen, sondern Nächstenliebe zeigen statt predigen.

Du willst mehr? 

 

Um eine wirklich vollständige Transparenz zu ermöglichen, findest du unter dem folgenden Link alle verwendeten Quellen, Zahlen und die Methodik, die ich verwendet habe:

Hast du noch weitere Fragen oder gibt es etwas, was du gerne loswerden möchtest? 

Dann kommentiere gerne unter diesem Artikel oder schreibe mir eine E-Mail!

Teile diese Seite:

Fair-Use-Erklärung: Wenn Sie als Journalist an einer Berichterstattung über dieses Projekt interessiert sind, empfehlen wir Ihnen, jeden der oben aufgeführten Inhalte zu verwenden. Wir bitten Sie nur, karaenke.com in Ihrer Berichterstattung gerecht zu nennen und einen Link zu dieser Seite bereitzustellen, damit Ihr Publikum mehr über unsere Arbeit erfahren kann.

Über karaenke.com: Wir berichten über alle Themen, die uns im alltäglichen Leben beschäftigen. 

Noch keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar:

[ssba-buttons]