Was ist ein Wohnungsrecht oder Wohnrecht?
Wohnungsrechte nach § 1093 BGB

In diesem Text erkläre ich dir was ein Wohnungsrecht, umgangssprachlich auch Wohnrecht genannt, ist und welche Spezifika hierbei zu beachten sind.


Natürlich habe ich dir auch ein Beispiel für die Berechnung eines Wohnungsrechts eingefügt.

Kapitelübersicht:

  1. Was ist ein Wohnungsrecht?
  2. In welchen Fällen ist ein Wohnrecht sinnvoll?
  3. Wie wird ein Wohnungsrecht eingerichtet bzw. vereinbart?
  4. Welche Rechte und Pflichten sieht das Wohnungsrecht gesetzlich vor?
  5. Lohnt sich der Kauf oder Verkauf einer Immobilie mit Wohnrecht?
  6. Wie wird ein Wohnungsrecht bewertet?


1. Was ist ein Wohnungsrecht?

Ein Wohnungsrecht ist das Recht ein Haus oder einen Teil eines Hauses ohne den Eigentümer nutzen zu dürfen. Dies kann befristet oder unbefristet bis zum Lebensende vereinbart sein.

Im Falle einer Wohnung gehört dazu auch die Nutzung der Anlagen und Einrichtungen, die für die Gemeinschaft des Hauses gedacht sind.

Der Inhaber des Wohnungsrechts hat das Recht seine Familie sowie andere Personen, die für ihn arbeiten in der Wohnung oder dem Haus unterzubringen.

Anders als beim Nießbrauch, steht ihm allerdings nicht die Fruchtziehung aus dem Gebäude und oder Grundstück zu. Das bedeutet, er darf z.B. die Wohnung oder das Haus nicht an andere vermieten und den Ertrag daraus ziehen.

Ein Wohnrecht nach § 1093 BGB wird im Grundbuch als beschränkte persönliche Dienstbarkeit eingetragen.

2. In welchen Fällen ist ein Wohnrecht sinnvoll?

Ein Wohnrecht kommt in der Praxis am häufigsten in Verbindung mit Erbschaftsregelungen vor.

Oftmals ist die Erteilung eines Wohnrechts zum Beispiel ein Schutz für den Lebenspartner eines Verstorbenen, damit dieser in der Immobilie wohnen bleiben kann, ohne mögliche andere Erben auszahlen oder ausziehen zu müssen.

Der andere Fall entsteht häufig in Zusammenhang mit einem Steuersparmodell. Hier schenkt der Eigentümer zum Beispiel seinen Kindern die Immobilie, die sie später erben würden und richtet sich vorab ein Wohnrecht ein, so dass er die Immobilie bis an sein lebensende sicher bewohnen kann. So sparen die Erben Erbschaftssteuer und der ehemalige Eigentümer hat dennoch sein zu Hause gesichert.

3. Wie wird ein Wohnungsrecht eingerichtet bzw. vereinbart?

Ein rechtskräftiges Wohnungsrecht wird notariell beurkundet und im Grundbuch eingetragen. In dem Zuge werden ebenfalls alle Rechte und Pflichten vereinbart und sonstige Absprachen die im Zusammenhang mit dem Wohnungsrecht stehen schriftlich festgehalten.

4. Welche Rechte und Pflichten sieht das Wohnungsrecht gesetzlich vor?

§ 1093 BGB folgend sind die die folgenden Rechte und Pflichten bei einem Wohnrecht einzuhalten:

  1. Nutzungsrecht von ggf. bestehenden gemeinschaftlichen Anlagen der Immobilie.

  2. Dies kommt vor allem zu Tragen, wenn es sich um das Wohnrecht in einer Wohnung bzw. in einem Teileigentum handelt. So kann der Wohnungsberechtigte auch Keller, Gemeinschaftsgarten etc. nutzen.

  3. Aufnahmerecht von anderen Personen.

  4. Der Wohnrechtinhaber hat das Recht seine Familie, Lebenspartner und/oder für ihn arbeitende Menschen in der Wohnung aufzunehmen.

  5. Tragen der Nebenkosten und Instandhaltung der Immobilie.

  6. Der Wohnungsberechtigte ist dazu verpflichtet die anfallenden Nebenkosten der Immobilie zu tragen. Das Gleiche gilt für die Kosten von Reparaturarbeiten in der Immobilie. Auch wenn der Eigentümer im Grundsatz immer für die Sanierung seiner Immobilie zuständig ist, lässt sich hieraus kein Anspruch für den Wohnungsberechtigten ableiten.

  7. Der Eigentümer hat kein Besichtigungsrecht für die Immobilie.

5. Lohnt sich der Kauf oder Verkauf einer Immobilie mit Wohnrecht?

Diese Frage kann pauschal nur schwer beantwortet werden. Allerdings gibt es einige Kriterien die in solchen Fällen immer beachtet werden sollten.

Eine Immobilie mit einem laufenden Wohnungsrecht ist belastet. Das bedeutet die Immobilie wird wahrscheinlich zu einem deutlich niedrigeren Preis angeboten. Der Kauf einer solchen Immobilie kann sich manchmal lohnen, je nachdem wie lange das Wohnungsrecht noch läuft.

Für den Verkauf gilt natürlich das Gleiche: Sie werden für eine Immobilie, die durch ein Wohnungsrecht belastet ist deutlich weniger bekommen, als für eine unbelastete Immobilie.

6. Wie wird ein Wohnungsrecht bewertet?

Genau wie beim Nießbrauch sind bei der Bewertung eines Wohnungsrechts alle wertrelevanten Kriterien zu berücksichtigen.

Das bedeutet, es kommt auf die Details an, die vertraglich zu dem Wohnungsrecht vereinbart sind. Beispiele hierfür sind wer die Bewirtschaftungskosten, sowie die öffentlich- und privatrechtlichen Lasten des Grundstücks trägt, ob das Wohnungsrecht zeitlich befristet ist oder lebenslang gilt und ob es unentgeltlich besteht.

All diese wertrelevanten Kriterien werden als Vor- oder Nachteil der jeweiligen Partei einbezogen.

Schau es dir am Besten gleich mal in den Beispielen, die ich eingebaut habe, an.


Achtung:
Für die Berechnung benötigst du den Sachwert bzw. je nach Objekt auch den Ertragswert des Objektes. Um es einfach zu halten habe ich dir den Wert in den Beispielen vorgegeben. Wenn du einen Sachwert oder Ertragswert selbst berechnen möchtest, findest du hier eine Anleitung, wie du den Verkehrswert einer Immobilie richtig berechnest.

Ein Beispiel aus der Praxis für die Bewertung eines Wohnungsrechts und des damit belasteten Grundstücks mit einem Einfamilienhaus

Wertermittlung eines Wohnungsrechts und des dadurch belasteten Einfamilienhausgrundstücks

Datenbasis:

  • Herstellungskosten d. baulichen Anlagen:
150.000,00 €
  • Gesamtnutzungsdauer d. baulichen Anlagen:
100 Jahre
  • Restnutzungsdauer der baulichen Anlagen:
50 Jahre
  • Geschlecht der berechtigten Person:
weiblich
  • Alter der berechtigten Person:
70 Jahre
  • Statistische Restlebenserwartung d. berechtigten Person:
16 Jahre
  • Restnutzungsdauer d. baul. Anlagen n. Restlebenserwartung:
34 Jahre
  • Bodenwert:
60.000 €
  • Jahresnettokaltmiete:
7.200,00 €
  • Vorteil wg. Unkündbarkeit / Schutz vor Mieterhöhung:
720,00 €
  • Liegenschaftszinssatz:
3,00%
  • Leibrentenbarwertfaktor (w, 70 Jahre, 3 %):
12,1916
  • An das Leben gebundener Abzinsungsfaktor (w, 70 J., 3 %):
0,5803
  • Jährliche Kosten und Lasten vom Eigentümer getragen:
800,00 €

Berechnung:

Verkehrswert des belasteten Grundstücks:

Herstellungskosten der baulichen Anlagen 150.000,00 €
abzgl. Alterswertminderung 100 Jahre 34 Jahre 67.500,00 €
zzgl. Bodenwert 60.000,00 €
Sachwert des unbelasteten Grundstück 127.500,00 €
Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks (VW=SW*MAF) 127.500 € 1,0 MAF 127.500,00 €
Diskontierter Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks (DVW=VW*LAF) 127.500 € 0,5819 74.192,25 €
Diskontierter Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks rd. 74.200,00 €
Diskontierter Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks 74.200,00 €
abzgl. Belastung des Grundstücks durch Übernahme von Kosten und Lasten (KL=N*LBF) 800,00 € 12,1916 9.753,28 €
Verkehrswert des belasteten Grundstücks 64.446,72€
Verkehrswert des belasteten Grundstücks rd. 64.500,00 €
Wert des Wohnungsrechts:

Jährlicher Vorteil aus ersparter Miete 7.200,00 €
zzgl. Jährlicher Vorteil wg. Unkündbarkeit / Mietstabilität 7.200,00 € 10% 720,00 €
zzgl. ersparte Kosten 800,00 €
Jährlicher Vorteil aus dem Wohnungsrecht (JVW) 8.720,00€
Wert des Wohnungsrechts (WR=JVW*LBF) 8.720,00 € 12,1916 106.311,00 €
Wert des Wohnungsrechts rd. 106.000,00 €

Ein Beispiel aus der Praxis für die Bewertung eines Wohnungsrechts und des damit belasteten Grundstücks mit einem Mehrfamilienhaus

Wertermittlung eines Wohnungsrechts und des dadurch belasteten Mehrfamilienhausgrundstücks

Datenbasis:

  • Verkehrswert des belasteten Grundstücks:
665.000,00 €
  • Jahresreinertrag (JRE):
40.000,00 €
  • Liegenschaftszinssatz:
5,50 %
  • Jahresnettokaltmiete der belasteten Wohnung:
6.000,00
  • Alter der berechtigten Person:
70 Jahre
  • Statistische Restlebenserwartung d. berechtigten Person:
16 Jahre
  • Leibrentenbarwertfaktor (w, 70 Jahre, 5,50 %):
10,0911
  • Bewirtschaftungskosten vom Eigentümer getragen:
1.200,00 €

Berechnung:

Verkehrswert des belasteten Grundstücks:

Verkehrswert des unbelasteten Grundstücks 665.000,00 €
abzgl. entgangene Miete 6.000,00 € 10,0911 60.547,00 €
abzgl. Übernahme von Kosten und Lasten 1.200,00 € 10,0911 12.109,00 €
Sachwert des belasteten Grundstücks 592.344,00 €
Sachwert des belasteten Grundstücks rd. 592.000,00 €
Wert des Wohnungsrechts:

Jährlicher Vorteil aus ersparter Miete (JVM) 6.000,00 €
zzgl. Jährlicher Vorteil wg. Unkündbarkeit / Mietstabilität 6.000,00 € 10% 600,00 €
zzgl. Übernahme von Kosten und Lasten 1.200,00 €
Jährlicher Vorteil aus dem Wohnungsrecht (JVW) 7.800,00 €
Wert des Wohnungsrechts (WR=JVW*LBF) 7.800,00 € 10,0911 78.711,00 €
Wert des Wohnungsrechts rd. 79.000,00 €
Wohnrecht: richtig verstehen!
|

Noch keine Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar:


[ssba-buttons]