Mehrheitsbeschluss

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Besitzen Sie eine Wohnung in einem Mehrparteienhaus oder überlegen Sie, sich eine solche zu kaufen? Dann wissen Sie bestimmt, dass häufig Entscheidungen getroffen werden, die das gesamte Wohngebäude betreffen. Diese dürfen natürlich nicht von einer Einzelperson gefällt werden. Stattdessen wird im Rahmen von Eigentümerversammlungen fair über aktuelle Themen abgestimmt. Doch wann gilt eine Sache als mehrheitlich beschlossen? Und was passiert, wenn nicht alle Wohnungseigentümer bei einer Versammlung anwesend sind? Diese und weitere Informationen zu Entscheidungsfragen in einer Eigentümergemeinschaft finden Sie in diesem Artikel.

Was genau ist ein Mehrheitsbeschluss und wann ist er notwendig?

Wenn mehrere Parteien in einem Gebäude zusammenleben, dann bilden die Besitzer der einzelnen Objekte eine Eigentümergemeinschaft. Sämtliche Anliegen, die die Verwaltung des Gemeinschaftseigentumes betreffen, werden von der Eigentümergemeinschaft besprochen und gemeinsam entschieden. Themen sind zum Beispiel Reparaturen, Modernisierungen oder der Beschluss einer Instandhaltungsrücklage. Damit Beschlüsse gerecht gefällt werden, sind für verschiedene Entscheidungsfragen aber unterschiedliche Abstimmungsergebnisse notwendig.   

Was passiert, wenn ein Eigentümer mehrere Wohnungen hat?

Grundsätzlich gilt das sogenannte „Kopfprinzip“. Dieses besagt, dass jeder Wohnungsbesitzer nur eine Stimme hat – egal, ob ihm eine, drei oder fünf Einheiten gehören. Die Miteigentumsanteile am Haus (also wie viele Quadratmeter Wohnfläche ein Wohnungseigentümer besitzt), spielen in bestimmten Abstimmungen dennoch eine Rolle. In der Gemeinschaftsordnung eines Hauses können aber auch andere Stimmrechtsverteilungen festgelegt sein, zum Beispiel, dass jedes Objekt eine Stimme hat.

Welche Abstimmungen gibt es?

Einfache Mehrheit oder Mehrheitsbeschluss

Dies ist die simpelste Abstimmung. Hier reicht die Stimmenmehrheit der Anwesenden aus, damit der Beschluss mit einfacher Mehrheit angenommen wird. Sie wird zum Beispiel bei Abstimmungen zu Wirtschaftsplan, Bildung und Höhe der Instandhaltungsrücklage sowie Verwaltungsfragen angewendet. Gibt es aber gleich viele Ja- wie Nein-Stimmen, kommt der Beschluss laut WEG nicht zustande.

Für den Mehrheitsbeschluss werden nur die anwesenden Stimmberechtigten berücksichtigt. Jene Eigentümer, die nicht zur Versammlung erschienen sind, verschenken damit also auch ihr Stimmrecht. Auch Stimmenthaltungen werden weder als Ja noch als Nein gewertet.

Allerdings können in der Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft Sonderregelungen zur Gültigkeit oder Beschlussfähigkeit definiert werden. In diesem Fall gelten diese Regeln und nicht die Vorgaben des Wohnungseigentümergesetzes (abgekürzt WEG).

Ein Beispiel: In einem Mehrfamilienhaus gibt es 15 Wohnungseigentümer. 12 davon sind zur Eigentümerversammlung erschienen. 7 stimmen für eine Änderung der Hausordnung. Der Beschlussantrag wird genehmigt.

Qualifizierte Mehrheit

Wenn es um Entscheidungen geht, die mit höheren Kosten für die einzelnen Wohnungseigentümer verbunden sind, dann reicht ein einfacher Mehrheitsbeschluss nicht aus. In diesem Fall ist eine qualifizierte Mehrheit notwendig, damit Beschlüsse gefasst werden können. Drei Viertel aller stimmberechtigten Wohnungseigentümer müssen dazu ihre Stimme abgeben. Wenn drei Viertel der Anwesenden bei der Eigentümerversammlung für den Beschluss stimmen, ist das also nicht automatisch ausreichend.

Doppelt qualifizierte Mehrheit

In der Praxis ist bei wichtigen Entscheidungsfragen die zweifach qualifizierte Mehrheit notwendig. Sie wird angewendet bei:

  • Größere Modernisierungsmaßnahmen
  • Änderungen der Kostenverteilung bei Instandhaltungsmaßnahmen
  • Entscheidungen, die mit hohen Kosten für die einzelnen Wohnungsinhaber verbunden sind

 

Drei Viertel aller stimmberechtigten Eigentümer müssen einverstanden sein, damit dem Beschlussantrag stattgegeben wird. Gleichzeitig müssen jene Besitzer, die mit „Ja“ stimmen, mehr als die Hälfte der im Grundbuch eingetragenen Miteigentumsanteile besitzen.

Das ist besonders fair, weil so weder Immobilienbesitzer mit mehreren großen Wohnungen noch solche mit wenig Wohnfläche „überrollt“ werden.

Beispiel: In einem Haus gibt es 10 gleich große Wohnungen. Besitzer A gehören 6 Objekte, Besitzer B hat 2 Wohnungen und Besitzer C und D jeweils eine. Nun soll ein modernes Garagentor eingebaut werden. Das geht aber nur, wenn mindestens 3 Wohnungseigentümer dafür stimmen. Einer davon muss in jedem Fall Besitzer A sein – sonst wird der Beschlussantrag abgelehnt.

Einstimmiger Beschluss

Bei baulichen Veränderungen, die alle Wohnungsbesitzer betreffen oder erheblich beeinträchtigen, ist manchmal auch eine Einstimmigkeit erforderlich. In diesem Fall muss jeder im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentümer mit “Ja” stimmen. In diesem Fall reicht es natürlich auch nicht aus, wenn die Abstimmung zwar einheitlich ist, dabei aber nicht alle Wohnungseigentümer anwesend sind.

Zustimmung betroffener Eigentümer

Schlussendlich gibt es noch eine Variation, die speziell dann angewendet wird, wenn Veränderungen oder Umbauten nur einige wenige Wohnungsbesitzer betreffen. Das könnte beispielsweise bei der Montage von Markisen über einer Erdgeschosswohnung der Fall sein).

Gilt die Gemeinschaftsordnung oder das WEG für Beschlussanträge?

In vielen Fällen spezifiziert die Gemeinschaftsordnung einer Wohnungseigentümergemeinschaft, wie genau Abstimmungen ablaufen und welche Bedingungen notwendig sind, damit einem Beschlussantrag stattgegeben wird. Sie kann beispielsweise ausführen:

  • ob Stimmenthaltungen berücksichtigt (und zum Beispiel als Nein-Stimmen gewertet) werden
  • in welchen Fällen die Stimmenmehrheit der Anwesenden genügt
  • wann eine Eigentümermehrheit ausreicht und wann die Mehrheit der Miteigentümeranteile notwendig ist
  • in welchen Situationen Mehrheitsbeschlüsse genügen
  • wie die Stimmen verteilt werden (z. B. nach Miteigentumsanteil. In diesem Fall gilt: Je größer eine Wohnung, desto mehr Stimmstärke hat der Besitzer.)

Wann herrscht bei einer Eigentümerversammlung Beschlussfähigkeit?

Wenn durch die anwesenden, stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist. Sind nicht ausreichend Miteigentümer anwesend, dann muss der Hausverwalter eine neue Versammlung einberufen, in der erneut abgestimmt wird.

Was passiert, wenn einem Beschlussantrag fälschlich stattgegeben wird?

Wenn nicht die erforderliche Stimmenzahl erreicht wird, der Verwalter eine Abstimmung aber trotzdem für gültig erklärt, dann gibt es eine Anfechtungsfrist. Während dieser kann jeder Wohnungsbesitzer laut WEG den Beschluss für ungültig erklären. Auch nach Ablauf dieser Frist geht das; allerdings ist dann eine Anfechtungsklage nötig.

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